Blog von Anreas Lenz, Mitglied des BundestagesDer Persönliche Blog von Andreas Lenz
05 / 10 / 2016 Werte

Werte unserer Gesellschaft: Welche Werte halten uns zusammen?

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Ehrengäste,

liebe Vertreter des griechischen Kulturvereins – Kali Mera

Liebe Jungbauernschaft Altenerding – Griaß Eich!

Einleitung

 

Es freut mich außerordentlich, dass ich heute die Laudatio für den Kulturpreis halten darf.

Es ist für mich eine große Ehre und Freude zugleich. Die Freude verbinde ich auch mit der überaus gelungenen Auswahl der Preisträger:

Nämlich der griechischen Kulturgemeinde in Taufkirchen und der Jungbauernschaft Altenerding.

Jetzt könnte man meinen, dass passt nicht zusammen – ich meine es passt sehr gut zusammen – und spricht für die Entscheidung – aber noch viel mehr für die Ausgezeichneten.

Die Entscheidung zeigt, dass die Pflege von Brauchtum, Tradition – ja Kultur – nicht davon abhängen, in welchem Land man geboren wurde!

In einer krisenbehafteten Welt, mit großen Herausforderungen brauchen wir Herkunft – also Heimat –Auch um zu wissen, wo wir hinwollen!

Wir brauchen in diesem Zusammenhang auch Werte, die unsere Gesellschaft letztlich zusammenhalten, die uns verbinden und die uns Identität stiften.

Sie liebe Preisträger stehen für Identität und eben auch für Herkunft und Heimat!

Sie stehen aber auch für die Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten!

Was sind eigentlich Werte – und wie wirken sie?

 

Wir sprechen ja häufig über Werte. Häufig wird gerade der Verlust von Werten beklagt. Der angebliche Wertewandel wird ebenso oft thematisiert.

Hier sage ich gleich – die Werte an sich bleiben immer die gleichen –

Freiheit / Gleichheit / Solidarität / Gerechtigkeit / Sicherheit / Wertschätzung / Toleranz

Verantwortung oder Leistung, das sind Konstanten

Es ist, wenn dann die Gesellschaft, die sich verändert. Wir haben natürlich nicht mehr die Gesellschaft, auch nicht mehr überall die Rollenbilder, wie wir sie noch vor 50 Jahren hatten.

Was sind Werte:

 

Wie der Begriff des Werts im eigentlichen Sinne bereits widerspiegelt geht es bei ihm um die Gewichtung, um die Wertung des jeweiligen „Wertes“.

Nicht umsonst wurde der Begriff des „Werts“ erstmalig in der Moralphilosophie etabliert und stammt ursprünglich aus der Nationalökonomie. Also vom Geld abgeleitet.

Der Schriftsteller Oscar Wilde beklagte bereits:

„Heutzutage kennen die Leute von allem den Preis - von nichts jedoch den Wert.“ Die Frage, was ist etwas für einen selber Wert – trifft diesen Zusammenhang recht gut!

Das ist aber sicher nicht der einzige Aspekt.

Das Leben von Werten – das verinnerlichen, führt dazu, dass sich dauerhafte individuelle Charaktermerkmale herausbilden. Diese sogenannten Werthaltungen sind relativ stabil – ein ganzes Leben lang - und Teil der persönlichen und sozialen Identität.

Der niederländische Sozialwissenschaftler Gert Hofstede beschreibt Werte auch als „Software des Geistes“, also die Grundlage, die unsere Handlungen beeinflussen und bestimmen. Unsere Werthaltungen bedingen dann die jeweilige Einstellung – und die Einstellung führt letztlich zur entsprechenden Handlung!

Allein deshalb ist es schon wichtig, welche Werte eine Gesellschaft prägen, weil auch die Handlungen der Gesellschaft als Ganzes danach ausgerichtet sind.

So beschreibt der amerikanische Soziologe Clyde Kluckhohn den Begriff des Wertes als:

„Ein[e] (…) explizite oder implizite, für ein Individuum oder eine Gruppe charakteristische Konzeption des Wünschenswerten, die die Selektion von vorhandenen Arten, Mitteln und Zielen des Handelns beeinflusst.“

Ich würde sagen – die Werte – das sind die Wurzeln einer Gesellschaft! Sie stützen die Gesellschaft und sollten – wie bei Tiefwurzlern auch tief in der Gesellschaft verankert sein.

Einstellung

 

Eine Einstellung ist in diesem Zusammenhang eine mit Emotionen verbundene Vorstellung. Diese Vorstellung von richtig und falsch – gut oder schlecht bestimmt letztlich dann die Handlungen.

Die Einstellung hilft dem einzelnen sich anzupassen, sein Selbst zu bewahren, die eigenen Wertvorstellungen zu verwirklichen und seine Umwelt zu verstehen.

Übrigens braucht jeder Mensch eine Einstellung – auch wenn jemand glaubt keine Einstellung zu haben – hat er auch eine.

Kontext des Wertes:

 

Der Wert, kann dabei zu unterschiedlichen Zeiten als mehr oder weniger wichtig wahrgenommen werden.

Gesellschaftlich sehen wir, dass gerade bei Bedrohungen, wie übrigens auch gerade im Moment der Wert der Sicherheit plötzlich wieder höher eingestuft wird.

Aber auch individuell können Werte zu unterschiedlichen Gegebenheiten unterschiedlich äußern. Dem Wert der Gesundheit wird beispielsweise meistens erst dann ein besonderer Wert beigemessen, wenn er nicht mehr vorhanden ist. Dieser Sachverhalt wird mit dem Spruch „der gesunde hat viele Wünsche, der Kranke hat nur einen“ oder „ohne Gesundheit, hat alles keinen Wert“ treffend beschrieben.

Das ist übrigens ähnlich, wenn eine Gesellschaft einen Wert verliert. Auch das merken wir häufig erst dann, wenn er nicht mehr da ist.

Beispielsweise beim Ehrenamt – es ist eben nicht selbstverständlich, dass wir engagierte Bürgerinnen und Bürger haben. Stellen Sie sich vor – wir hätten nicht die Menschen, die sich bei der Feuerwehr, beim Trachtenverein – oder eben bei der Jungbauernschaft – oder beim griechischen Kulturverein engagieren.

Wie viel ärmer wären wir!

Werte sind Vorstellungen, die das „gute Leben“ beschreiben und häufig auf das dafür „richtige Handeln“ schließen lassen. Die Subjektivität des Begriffes lässt sich auch an dieser Beschreibung schnell erkennen.

Grundwerte:

 

Die Frage ist dann natürlich ob wir so etwas wie Grundwerte brauchen – Leitwerte - eine Leitkultur, die wir gemeinsam haben und die auch gesellschaftlich relevant ist.

Im Sinne einer offenen Gesellschaft nach dem Philosophen Karl Popper darf jeder ohne Angst anders sein, anders denken und sich verschieden äußern.

So lange, er sich dabei an den geltenden Rechtsrahmen hält. Dieser Rahmen beinhaltet Rechte aber eben auch Pflichten.

Dieses Gesellschaftsmodell – unserer freiheitlich demokratische Grundordnung ist sehr attraktiv – auch wirtschaftlich, indem es Freiheiten gibt, diese jedoch mit Pflichten – mit Verantwortung verknüpft. Sie garantiert Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

Aber gerade eine freiheitliche, offene und pluralistische Gesellschaft braucht einen eigenen Standpunkt und Identitätsgefühl. Sie benötigt Bindekräfte und gemeinsame Bezugspunkte, lebt von einem Mindestmaß an Übereinstimmung.

Es wäre also eine Pseudotoleranz, wenn wir Toleranz so verstehen, dass wir die Grundlagen unserer Gesellschaft damit gefährden.

Oder anders – wer nach allen Seiten offen ist – der kann auch nicht ganz dicht sein!

Toleranz heißt aber natürlich auch Respekt – Toleranz heißt auch, nur weil man etwas darf – muss man etwas nicht machen. Dies gilt insbesondere beim Respekt vor kultureller Identität – und vor religiösen Symbolen!

Ich muss nicht den Propheten Mohammed karikieren – und ich muss nicht das Kruzifix – oder andere christliche Gegenstände – verunglimpfen.

Aber – wenn es jemand macht – dann darf er das im Rahmen des erlaubten – dann muss man das auch aushalten – aber nicht gut heißen.

Soziale Identität

 

Werte geben uns eine Identität. Identität ist wichtig um überhaupt zu erfahren, wer man ist – und wo man dazu gehört.

Gerade die Werte des Brauchtums und der Tradition geben uns Identität.

In einer schnelllebigen Zeit wie der unseren. Durchdrungen von Globalisierung und Beschleunigung ist es wichtig zu wissen, wo man herkommt und wo man hingehört!

Was eben auch Identität gibt!

Ein wichtiger Bestandteil der Identität ist die kulturelle Identität!

Sie lieber griechischer Kulturverein Taufkirchen tragen hier gerade durch Ihre Volks- und Folkloretänze zur Bereicherung der heimischen Kultur bei!

Heimat

 

Und sie schaffen und bereichern damit natürlich auch Heimat! Sie bereichern die neue Heimat – ohne Ihre alte Heimat zu verlieren – oder aufzugeben.

Es ist die Herkunft – die sie bewahren. Auch beispielswiese bei den Tagen der Begegnung.

Das funktioniert nicht durch Abgrenzung und schon gar nicht durch Ausgrenzung – sondern durch gemeinsame Werte, Überzeugungen und Lebensweisen.

Ebenso bewahrt die Jungbauernschaft Altenerding die Herkunft!

Also die Heimat! Zur Heimat – zur Identität gehören auch gemeinsame Feste! Beispielsweise die Bauernhochzeit der Jungbauernschaft, die alle 10 Jahre stattfindet. In der Einladung heißt es dazu:

„Die Trauung mit festlichem Hochzeitszug in alter Tracht findet am Hofmarkplatz statt. Begleitet wird die Zeremonie von Blasmusik, Pferdegespannen sowie historischen Tänzen, Gstanzln und weiteren Auftritten. Für das leibliche Wohl ist mit traditionellen bayerischen Schmankerln gesorgt!“

Da geht einem doch das Herz auf – kann man Heimat besser beschreiben?

Das ist gelebtes Ehrenamt! Und bürgerschaftliches Engagement – dafür meinen – unseren großen Respekt und Dank!!

Heimatbegriff:

 

Zur Heimat gehört natürlich auch unsere Landschaft die Umgebung– ich glaube auch hier sind wir unschlagbar.

Hier hat die griechische Gemeinde in Taufkirchen eine landschaftlich sehr schöne Heimat gefunden – aber gleichzeitig auch eine sehr schöne griechische Heimat.

Heimat, das sind auch die Menschen, das ist Identität und Zugehörigkeit! Wie ich es beschrieben habe!

Und ich glaube auch hier sind wir unschlagbar! Und gerade hierzu tragen Sie bei!

Unsere Gesellschaft lebt von Menschen, die mehr machen als Ihre Pflicht! Dazu gehören auch gerade Sie!!

Frage der Integration:

 

Ich habe es gesagt, unser Gesellschaftsmodell ist attraktiv – so attraktiv, dass viele Menschen auch außerhalb Bayerns zu uns kommen. So kamen innerhalb der letzten 15 Jahre 2 Millionen Menschen nach Bayern. Die meisten davon nach Oberbayern. Sie kamen innerhalb Deutschlands – genauso wie außerhalb Deutschlands zu uns.

Die Integration klappt in Bayern – im Vergleich auch deshalb so gut, weil wir eben wissen, für was wir stehen – was unsere Werte sind.

Der in diesem Jahr verstorbene Heimatdichter Georg Lohmeier, der ja aus dem Landkreis kam, meinte einmal dazu: „Das Bayerische ist eine Denkweise. Ein guter Bayer kann auch aus Afrika sein.“

Glauben Sie mir – gerade in Berlin merkt man das!

Ich kenne viele Menschen, die aus der Türkei, aus Griechenland, aus Malaysia oder anderen Teilen der Welt kommen. Und mittlerweile Bayern sind. Die aus Überzeugung sagen, Bayern ist meine Heimat.

In Bayern ist es doch so, dass die Menschen mit Migrationshintergrund gerne unsere Trachten anziehen. Beispielsweise am Erdinger Herbstfest kann man das sehr gut beobachten.

Und zwar gerade, weil wir in Bayern zu unserer Identität stehen!

Integration kann nur gelingen, wenn die Regeln der Integration klar sind.

Islam:

 

Die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört ist in den letzten Monaten breit diskutiert worden – mich hat diese Diskussion immer etwas irritiert!

Ich finde die Fragestellung an sich falsch.

Die Frage wäre ja wenn dann – wie ich vorher auszuführen versucht habe - was gehört zur Identität Deutschlands? – und da würde ich sagen zu den Wurzeln einer gemeinsamen Identität gehört der Islam nicht – ganz faktisch.

Aber natürlich gehören Muslime, die in Deutschland sind und hier nach unseren gemeinsamen Regeln leben zu Deutschland!

Angesichts der enormen Flüchtlingsströme gilt es auch zu betonen, dass in Deutschland alle Menschen würdig behandelt werden. Das heißt jedoch nicht, dass alle einen Anspruch haben hier zu bleiben. Diejenigen, die langfristig bei uns bleiben können, müssen sich auch an die hier geltenden Grundwerte halten.

Harald Martenstein, sicher kein Konservativer schrieb dazu kürzlich folgendes: „Um diese Massen erfolgreich integrieren zu können, müssten die Deutschen allerdings ein Verhalten zeigen, das sie verlernt haben. Sie müssten selbstbewusst (…) und auch hart sein.

Sie müssten sagen: „Das sind wir. Das ist unsere Lebensweise. Ihr müsst sie akzeptieren, nur dann dürft ihr bleiben. Was ihr zu Hause über Richtig und Falsch gelernt habt, müsst ihr vergessen. Ihr müsst eure Kultur nicht aufgeben, das nicht. Aber ihr müsst die Gleichberechtigung der Frau akzeptieren, ihr müsst lernen, dass Juden (und Andersgläubige) Menschen sind wie ihr, ihr müsst (im Zweifel) Spott und Satire aushalten, sogar, was eure Religion betrifft. Jeder hat Rechte, aber auch Pflichten. Das Gesetz steht über der Familiensolidarität. Solltet ihr diese Regeln nicht akzeptieren, habt ihr hier keine Zukunft.“

Kurz zusammengefasst, wer zu uns kommt, der muss sich nach unseren Regeln verhalten. Der muss die Grundwerte, die uns als Gesellschaft ausmachen auch akzeptieren.

Schluss:

 

Der Verfassungsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde prägte den Ausspruch:

„Der Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht schaffen kann.“

Aber ich sage auch:

 

Der Staat kann die Voraussetzungen stärken, von denen er lebt.

Die Grundlagen unseres Staates liegen eben auch in unserer sozialen und der kulturellen Identität!

Also – in dem - was Sie liebe Preisträger, ehrenamtlich fördern!

Sie tragen also zu einem gelingenden Staatswesen bei!

Der Landkreis Erding würdigt Ihr Engagement – und spricht Ihnen seinen Respekt mit der Überreichung des Kulturpreises aus.

Diesem Respekt kann ich mich nur anschließen – herzlichen Dank und alles Gute!